Predigt vom 7. November 2021

Die Gnade...

Liebe Gemeinde!

Einfach anfangen: Mit Gott reden. Und dann dranbleiben. Glauben heißt: Mit Gott sprechen. Über alles.

Wir hatten im Herbst eine schöne Vortragsreihe zum Gebet. Heute ist ein Gebet Predigttext. Ich will nicht über diesen wunderbaren Psalm sprechen, ich will mit diesem Psalm sprechen.

Zuvor nur: Einige Takte zum Zorn Gottes, damit wir beim Beten nicht aus dem Gleis kommen. Denn die Rede vom Zorn Gottes kann Menschen schon nervös machen: Haben wir nicht mühsam gelernt, dass Gott gnädig ist und wir auf seine Gnade vertrauen sollen? Ist Zorn nicht eine eher unangenehme menschliche Eigenschaft? Ist aus Zorn nicht schon viel zu viel zerschlagen worden? Hat Zorn, diese fehlende Beherrschung, nicht schon viel zu viel kaputt gemacht?

Billig und verkehrt wäre es auch, den Zorn Gottes ins Alte Testament zu schieben. Und frohgemut zu verkünden: Wir leben aus dem Neuen Testament und haben folglich nichts zu tun mit dem Zorn Gottes, nur noch mit der Güte Gottes. Das entspricht überhaupt nicht den Texten, weder denen des Alten noch denen des Neues Testaments. Wir haben zum Glück die ganze Schrift als unsere Lebens- und Glaubensgrundlage. Die beiden Teile gehören zusammen, ergänzen sich, stärken uns, geben uns Wegweisung. Und den Zorn Gottes kennt das Neue Testament genauso wie das alte.

Einige Grundeinsichten können zum richtigen Verstehen helfen:

1. Schon die Alten wussten, dass wir menschliche Eigenschaften nicht einfach auf Gott übertragen können. In dem Moment, wo „Zorn“ über Gott gesagt wird, ändert sich etwas an der Bedeutung dieses Wortes.
Das Unbeherrschte verschwindet. Zorn, Strafe, Ungnade, ja Rache – das greift da, wo Menschen falsch und verkehrt handeln. Immer wieder, immer mehr. Gott „will“ nicht zornig sein. Aber manchmal geht es nicht anders.

2. Zorn Gottes und Güte Gottes haben nicht das gleiche Gewicht. Die Güte wiegt immer schwerer. Ja, man könnte sagen: Die Güte Gottes bleibt an der Macht auch in Zeiten des Zorns. Da ist sie verborgen, aber nicht weg.

3. Diese zufluchtsuchende Bewegung weg von Gottes Zorn hin zu Gottes Güte – die kennt das Neues Testament wie das Alte auch. Für uns ist sie auf immer verbunden mit dem Heil, das Jesus Christus uns gebracht hat. Ihm verdanken wir es, dass wir dazu gehören zu der Geschichte und zu den Geschichten, die in der hebräischen Bibel erzählt werden. Durch Jesus Christus sind wir aufgepfropft wie kleine Zweige auf den uralten Baum der Gottesgeschichte. Und dürfen so auch den Psalm 85 einfach mitbeten, die Bewegung dieses Psalms nachvollziehen...

Jetzt also beten wir – wenn sie Ihre Haltung ändern wollen von einer zuhörenden Haltung hin zu einer mitbetenden Haltung: Gerne! Es hilft, wenn Sie sich gerade hinsetzen, so dass sie Ihrem Atem viel Platz bieten, wenn Sie fühlen wie die Füße den Boden spüren, wie Sie sitzen – wie Sie gehalten werden im Sitzen. Wenn Sie mögen, können Sie die Hände falten als Zeichen des Gebetes oder offen, Gott hingewandt auf Ihren Beinen ablegen.

Gott, vormals bist du gnädig gewesen
                ach, die Gefahr war uns im Rücken und vor uns kein Weg – aber Du, du hast das Meer geteilt und wir zogen hindurch in die Freiheit
Gott vormals bist du gnädig gewesen
                 hast vergeben die Missetaten des deutschen Volkes und die Sünden bedeckt
                   hast uns leben lassen und Wohlstand geschenkt
                   hast uns wieder jüdische Menschen geschickt, die hier wohnen

Gott, du hast deinen Zorn fahren lassen und das geteilte Land wieder eines werden lassen

Gott vormals bist du gnädig gewesen, so bitten wir heute:

Hilf uns, Gott, unser Heiland!
                   hilf uns und deiner ganzen Welt
                   Überlasse uns nicht der Gier nach mehr und noch mehr
                   Überlasse uns nicht einem Streben nach Wachstum ohne die Frage nach den Folgen
                   Lass deine Menschheit nicht kaputtgehen in der selbstgemachten Erderwärmung
Lass uns Gott, wieder deine Güte schauen – zeige uns deine Gnade und gib uns dein Heil!

Könnten wir doch hören, was Gott der Herr redet – ach könnten wir doch hören vom Frieden für sein Volk, sein Weltvolk. Könnten wir doch hören, dass er die Menschen schützt vor sich selbst, vor Dummheit, vor Torheit – könnten wir doch hören, dass Gott den Menschen Frieden zusagt und alle vor Torheit bewahrt!

Doch-

- es ist ja Hilfe nahe.
Die Gott achten – die können es sehen:
Güte und Treue begegnen sich
                   Menschen verzeihen einander, suchen gemeinsame Wege – und wenn es nur die Frage ist, wie unser BüchereiMehrzweckRaum genutzt werden soll
Gerechtigkeit und Frieden küssen sich
                   ein junger Deutscher geht nach Nordirland und hilft mit, damit dort der Friede groß werden kann
Gerechtigkeit und Frieden küssen sich
                   die europäische Union hat viele, viele Haken, lieber Gott, und doch: Das gemeinsame Bemühen, dass es allen gut geht, ist da. Geld wird ausgegeben, damit sich Lebensumstände verbessern, und wir leben im Frieden

 

es ist ja Hilfe nahe, Deine Hilfe, Gott,
dass Treue auf der Erde wachse und Gerechtigkeit vom Himmel schaue.
Dass du uns Gutes tust und einen Sommer mit viel Regen geschickt hast

es ist ja Hilfe nahe, Deine Hilfe, Gott,
du bewahrst deine Kinder vor den Fallstricken böser Menschen
du hilfst uns allen, in Gerechtigkeit und Güte zu leben.

Ehre sei dem Vater...

Amen.

Und der Friede Gottes...

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