Predigt vom 21. Mai 2020 Himmelfahrt

Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit uns allen. Amen.

Unser Predigttext steht im Johannesevangelium im 17 Kapitel die Verse 20-26:

20 Ich bitte aber nicht allein für sie, sondern auch für die, die durch ihr Wort an mich glauben werden, 21 dass sie alle eins seien. Wie du, Vater, in mir bist und ich in dir, so sollen auch sie in uns sein, auf dass die Welt glaube, dass du mich gesandt hast. 22 Und ich habe ihnen die Herrlichkeit gegeben, die du mir gegeben hast, auf dass sie eins seien, wie wir eins sind, 23 ich in ihnen und du in mir, auf dass sie vollkommen eins seien und die Welt erkenne, dass du mich gesandt hast und sie liebst, wie du mich liebst. 24 Vater, ich will, dass, wo ich bin, auch die bei mir seien, die du mir gegeben hast, damit sie meine Herrlichkeit sehen, die du mir gegeben hast; denn du hast mich geliebt, ehe die Welt gegründet war. 25 Gerechter Vater, die Welt kennt dich nicht; ich aber kenne dich, und diese haben erkannt, dass du mich gesandt hast. 26 Und ich habe ihnen deinen Namen kundgetan und werde ihn kundtun, damit die Liebe, mit der du mich liebst, in ihnen sei und ich in ihnen.

Wir wollen in der Stille um den Segen des Wortes beten.

Liebe Gemeinde!

Wir gehören zusammen!

Da stehen sie, die ganze Fußballmannschaft bildet einen Kreis, Schulter an Schulter, sie stecken die Köpfe zusammen, es gibt ein kurzes Kommando und dann schallt es aus 11 Kehlen BSC…  BSC [also „BeeEsCeheee“!]

Wir gehören zusammen!

Als es klar war, dass wir wieder Gottesdienste haben dürfen, hat es mich einige schlaflose Nächte gekostet, die Frage: Was machen wir, wenn mehr Leute als erlaubt kommen wollen? Dass mich diese Frage so beschäftigt hat, das hat damit zu tun, dass ich weiß: Ich darf niemanden abweisen. Einfach zu sagen „Du hast Pech gehabt, du bist zu spät dran“ – das darf ich nicht. Denn wir gehören ja zusammen, alle miteinander. Wir hier in diesem Gottesdienstraum – und noch darüber hinaus!

Weil wir zusammengehören, war es keine Frage, dass wir mit dem ersten Gottesdienst eine halbe Stunde eher in den Morgen gerückt, damit auch der Schatzinselgottesdienst stattfinden kann hier im Kirchenraum, wo die Gebote der Pandemie eingehalten werden können.

Weil wir zusammengehören, deshalb tut es mir so weh, dass es im Augenblick mit guten Gründen so wenig direkten Kontakt gibt mit den Menschen in unseren Seniorenhäusern hier im Stadtteil. Heute hätten wir im Erlenfeld einen Freiluftgottesdienst gehabt. Mit dem Posaunenchor. Es wäre deutlich geworden, dass wir zusammengehören – jetzt macht die Absage dieses Gottesdienstes, dieser Schmerz, nicht gemeinsam singen, beten, feiern zu können, jetzt macht dieser Schmerz deutlich, dass wir zusammengehören.

Wir gehören zusammen, hier in diesem Gottesdienstraum und darüber hinaus.

Wir buchstabieren das immer wieder durch, erinnern uns selbst und andere daran, hier in dieser Gemeinde kein „die da“ oder „die dort“ einreißen zu lassen. Das ist nicht immer einfach.

Auch wenn es manchmal ordentlich knirscht– wir gehören zusammen. Diese Bitte, die wir im Predigttext gehört haben, „auf das sie eins seien“ – diese Bitte zeigt ja, was der Evangelist Johannes erlebt hat: Uneinigkeit eben. Sonst hätte er dieses Gebet anders formuliert.

Natürlich machen wir das immer wieder zu gern: Streiten. Kleine Grüppchen bilden und wenn es die Präpis und die Konfis sind, die haben das Miteinander in diesem Jahr so schlecht ertragen, dass wir das nie wieder machen werden. Immerhin haben mir sowohl die Präpis als auch die Konfis versichert, dass sie das prinzipiell schon wissen und auch gut finden, dass wir als Gemeinde zusammengehören. Also prinzipiell.

Grüppchen bilden und abgrenzen – das können wir Christen gut. Naja, wir Menschen insgesamt können das gut, der Wunsch, sich abzugrenzen, ist uralt und täglich neu. Ich erinnere hier nicht an diverse Parteiaufspaltungen in Erlangen von Grünen über ÖDP zur Klimaliste, ich erinnere nur an die „Volksfront von Judäa“ und die „Judäische Volksfront“ aus dem großartig-grässlich-satirischen Film vom Leben des Brian. Ja, wir Menschen grenzen uns gerne ab, auch als Christenleute.

Sonst wären diese Gebetsworte ja nicht hier zu finden: „Ich bitte dich, Vater, …, dass sie alle eins seien.“

Gebetsworte, die damals wie heute aktuell sind.

Was hilft denn zum eins sein?

Drei Hinweise dazu aus dem Text:

1. Die „Herrlichkeit“, die uns gegeben ist – ich sage lieber Glanz, es kommt dem griechischen Wort näher. Glanz und wunderbare Schönheit. Schon von Weihnachten her kennen wir das mit dem Glanz „das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns und wir sahen seine Herrlichkeit“ – An Weihnachten liegt ein Blick auf all die funkelnden Kerzen nahe. Heute will ich einen anderen Aspekt dieses Glanzes betonen: Im gesamtbiblischen Zusammenhang können wir da die wunderbare Schönheit der Schöpfung erkennen. „Licht ist dein Kleid, das du anhast, Gott“ – in diesen sonnigen Tagen ist so diese Herrlichkeit, diese strahlende Pracht nachvollziehbar. Das ist uns geschenkt und es kann uns zusammenbringen – in der Freude über das Schöne.

Diesen Glanz, diese Schönheit direkt von Gott – das ist für uns bestimmt. Wir dürfen uns mit Freude darin bewegen. Wir können die Verbindung spüren zum Schöpfer, der alles geschaffen hat, zum Erlöser, der uns das alles gibt, zum Geist der uns er-leuchtet…

2. Die Liebe. In diesem Gebet hören wir mit Staunen von der Liebe im göttlichen Miteinander – vor aller Zeit: „Du hast mich geliebt, ehe die Welt gegründet war“ und wir sollen hineingenommen werden in dieses liebevolle Miteinander. „Damit die Liebe, mit der du mich liebst, in ihnen sei und ich in ihnen.“ Eine Liebe, die sich ausdehnte und zur Welt kommen musste, eine Liebe, die Wasser zu Wein verwandelte und Füße wusch, eine Liebe, die den Tod in Kauf nahm und ihn überwand. In diese Liebe sind wir mit aufgenommen und merken da schon: Da wirken unsere menschlichen Streitigkeiten ganz schön banal dagegen.

Manchmal ist es auch so, dass wir den Eindruck haben: Dieser großen Liebe, der können wir ja überhaupt nicht gerecht werden!

Ja, sie ist uns geschenkt und wir dürfen uns einfach darin bewegen wie in einem Raum. Und dann sind es manchmal Kleinigkeiten, mit denen wir die Liebe weitergeben: Masken zu tragen z.B. – da hat sich ja mittlerweile wirklich rumgesprochen, dass wir selbst von unserer eigenen Maske keinen Vorteil haben. Aber wir haben einen Vorteil von den Masken der anderen. Ich glaube, dass wir deshalb auch hier im Gottesdienst uns mit unseren Masken so fröhlich begrüßen, weil wir uns gegenseitig dankbar sind und da auch Liebe spüren, wenn mein Gegenüber die Maske trägt – macht er oder sie ja sozusagen für mich. Also: Ein Danke in die Runde!

Wenn wir den Pfingstmontag gezielt nutzen als Christen im Stadtwesten, um miteinander Gottesdienst zu feiern, da erleben wir Zusammenhalt über die Konfessionsgrenzen hinweg… Die Liebe zeigte sich bei diesem Gottesdienst immer einerseits durch sorgfältige Gestaltung und andererseits auch durch eine leckere Bewirtung im Anschluss. Auch das wird heuer fehlen und uns als Fehlendes verbinden…

3. Jetzt kommt die Abgrenzung ins Spiel: Es ist so wichtig eins zu sein – damit die Welt glaubt. So, jetzt also doch Abgrenzung. „Wir gegen den Rest der Welt“?!!! Ganz so einfach ist es nicht. Das Johannesevangelium weiß – wie wir auch –, dass wir zu dieser Welt gehören. Teil davon sind. Einerseits. Und andererseits heben wir uns ab – wenn wir in die Kirche gehen, wenn wir Gutes annehmen von unserem Gegenüber und uns immer und immer wieder um Frieden bemühen, wenn wir mit Gott reden und auf Gott horchen – damit heben wir uns ab. Und das kann uns auch zusammenbringen – ich habe das in der Johannesgemeinde erlebt, wenn es darum ging, einen Flüchtling zu schützen, da waren sich auf einmal alle einig. Wenn wir den Sonntag verteidigen – zusammen mit den Gewerkschaften – und so deutlich machen, dass es für uns noch andere Gesetze gibt als das des Geldverdienens… Wenn wir uns die 10 Freiheiten aneignen – eine viel bessere Bezeichnung als „10 Gebote“ und damit unsere Unabhängigkeit demonstrieren von den Göttern unserer Tage – ja, das führt uns schon zusammen.

Ja, so kann das Gebet in Erfüllung gehen, die Einigkeit – immer wieder mal – entstehen, wenn wir uns zusammen am Glanz Gottes erfreuen, die Liebe leben, uns von „der Welt“ mit ihren vermeintlichen Gesetzmäßigkeiten abheben.

Wir gehören zusammen! Hier in der Kirche und weit darüber hinaus!

Nein, so Schulter an Schulter wie die Fußballer stehen wir nicht – dürfen wir im Moment ja auch gar nicht -. Aber haben wir eigentlich auch so einen gemeinsamen Ruf? So wie „BSC“?!

Der Friedensgruß „Friede sei mit dir!“? Der Ostergruß „Der Herr ist auferstanden!“ – „Er ist wahrhaftig auferstanden!“?

Nee, ich glaube so nen richtigen „Schlachtruf“ haben wir nicht. Es geht ja auch nicht um eine Schlacht. Wir grüßen uns – auf vielerlei Art und Weise – im Moment oft mit einer Hand auf dem Herzen und einer Verbeugung und alles in zwei Meter Abstand – Wir grüßen uns, weil wir wissen:

Wir gehören zusammen!

Amen.

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle unsere Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.

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