Predigt vom 16. Oktober 2022

15 So seht nun sorgfältig darauf, wie ihr euer Leben führt, nicht als Unweise, sondern als Weise,

 16 und kauft die Zeit aus, denn die Tage sind böse.

 17 Darum werdet nicht unverständig, sondern versteht, was der Wille des Herrn ist.

 18 Und sauft euch nicht voll Wein, woraus ein unordentliches Wesen folgt, sondern lasst euch vom Geist erfüllen.

 19 Ermuntert einander mit Psalmen und Lobgesängen und geistlichen Liedern, singt und spielt dem Herrn in eurem Herzen

 20 und sagt Dank Gott, dem Vater, allezeit für alles, im Namen unseres Herrn Jesus Christus. (Eph. 5:15-20 L17)

 

Liebe Gemeinde!

 

„Sag doch mal drei gute Dinge von heute!“ so habe ich meine Familie oft beim Abendessen  - naja – genervt. Gerade meine kritische Tochter hat da immer wieder auch gemault. „Schon wieder diese Frage!“ Es hat sich ja nicht einfach so ergeben, sondern ich habe gezielt gefragt, das hatte immer etwas ein bisschen aufgesetztes. Trotzdem bin ich hartnäckig geblieben und oft haben sich dann doch auch gute Gespräche entwickelt – die besten dann, wenn auch wir Eltern von Gutem erzählt haben, was wir erlebt haben. Übers Schlecht spricht man oft leichter, das Gute zu sehen, da muss man sich halt manchmal ein bisschen zusammennehmen. Oder nerven.

Naja, das mit dem „erzähl doch mal von den guten Dingen“ ist ja auch nicht auf meinem Mist gewachsen, es ist durchaus inspiriert gewesen von biblischen Einsichten – wie etwa im Predigttext: „sagt Gott DANK im Namen unseres Herrn Jesus Christus“. Und ja, damit kommt man eben schon ganz schön weit. Es tut gut, zu danken.

Über das „allzeit für alles“ kann man sich noch ganz schön Gedanken machen – manchmal ist das zu viel verlangt und das sage ich Gott auch. Gleichzeitig erlebe ich immer wieder, dass auch blöde Sachen ihr Gutes hatten, das ich einfach erst später entdeckt habe. z.B. der Zwang für mich als Präparandin und als Konfirmandin, in die Kirche zu müssen, jeden Sonntag. Das ist heute nicht mehr durchsetzbar, aber ich habe so den Gottesdienst in seiner durchaus spröden, aber so tiefen Liturgie kennen- und schätzen gelernt.

Oder die eine Stelle, die wirklich nichts für mich war dort in dem kirchlichen Amt – ich habe da viel gelernt, Arbeitsrecht z.B. und was ich eben kann und was mir weniger liegt…

Für den Krieg in der Ukraine kann ich nicht danken. Nein. Aber mit Aufmerksamkeit sehen, dass Europa anfängt, wieder besser zusammen zu halten. Zu lernen, dass die Ukraine ein Land ist mit Menschen, die uns nah sind, die an einem demokratischen Staatswesen arbeiten. Auf einmal Energie zu sparen – das kommt dann auch dem Klima zugute, na endlich. Für das Gute Gott danken, ja, das geht schon.

Und das ist dann schon eine Art, die Zeit auszukaufen.

Diesen Satz müssen wir ein bisschen bedenken, er ist ja eine Redewendung geworden in Luthers Übersetzung: „Kaufet die Zeit aus, denn es ist böse Zeit“ – Aber hier ist die 2017 Revision schon genauer geworden: Zeit ist nicht gleich Zeit. Die Tage sind böse. Ja, manche Tage – da gibt es eben Böses. Vielleicht sogar an vielen Tagen. Man braucht sich ja nur die Nachrichten reinzuziehen. Und in und zwischen diesem Bösen aber gibt es den richtigen Moment – für: Lob und Dank. Sozusagen ein Singen, das nicht vom Alkohol kommt, sondern von der Ausrichtung auf Gott.

Nutzt den richtigen Moment, den kairos – nutzt ihn für das, was Gottes Wille ist, das Gute, das Helfende, den Lob und Dank.

Nutz den richtigen Moment, den kairos – denn das Böse in den Tagen – das gibt es von selbst…

„Herr, lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, damit wir – weise werden“ – ja, so betet der Psalm 90 und so werden wir hier aufgefordert, als weise Menschen zu leben.

Die weisen Menschen, die nutzen den richtigen Moment in den bösen Tagen, die machen das Beste draus, die sehen das Gute, das eben auch da ist, das Gott uns schenkt und wir empfangen es. Die weisen Menschen, die nutzen den richtigen Moment aus in den bösen Tagen, die sehen das Gute, zu dem Gott uns schickt und befähigt. Lob und Dank entsteht dann – im Namen Jesu Christi. Das ist ja der, der den Tod überwunden hat. Da gibt es ein Licht, das Auferstehungslicht, das leuchtet und bringt Glanz in die bösen Tage und Perspektive.

Und da helfen die Psalmen und Lobgesänge und geistlichen Lieder am besten -  Singen hilft! Im Herzen kann es immer klingen, wie gut, wenn es auch hier erklingt und wir das dann in unseren Herzen mitnehmen können!

Neulich hat mir meine Tochter eine Art Abbitte getan. Sie ist nun Ärztin, forscht in der Psychosomatik, also, Sie will dazu beitragen, dass Menschen an Leib UND Seele gesund werden. Und hat da irgendwo vor kurzem gelernt, dass man sich an jedem Abend an fünf gute Dinge des Tages erinnern solle. FÜNF sogar! Das sei sehr stärkend, geradezu heilsam.

 

Und der Friede Gottes…

 

Pfarrerin Dr. Bianca Schnupp

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