Predigt vom 29. März 2020

Judika, 29. März 2020,

Johannesgemeinde,

1. Mose 37 - 50

Was hat die Geschichte von Josef (Jakobs Sohn) mit Corona zu tun?

Unsere aktuelle Situation:

Ich weiß nicht, wie es Ihnen zur Zeit geht und kann mir gut vorstellen, dass die Antworten, je nach persönlicher Situation, sehr unterschiedlich ausfallen.

Sitzen Sie mit kleinen Kindern, die nicht mit ihren Freunden spielen dürfen, zu Hause und müssen diese den ganzen Tag bespaßen oder müssen Sie arbeiten gehen und sind vielen, fremden Menschen ausgesetzt?

Haben Sie große Kinder, die relativ selbstständig sind und die Vorteile des Internets nutzen können, um zu lernen und sich zu beschäftigen, und können von zu Hause aus arbeiten?

Sind Sie ein Mensch, der sich schnell alleine fühlt oder einer, der mit Einsamkeit gut umgehen kann?

Sehen Sie die Möglichkeiten, die die Zeit gerade bietet und finden sich in der Familie zusammen, um zu spielen, putzen oder räumen auf – evtl. Tätigkeiten, die Sie schon sehr lange vor sich hergeschoben haben?

Sind Sie relativ jung und denken, dass Sie gute Chancen haben, bei einer Infektion von Corona mit grippeähnlichen Symptomen davon zukommen oder sind Sie älter und haben richtig Angst vor einer Ansteckung?

 

Sind Sie insgesamt eher zuversichtlich und positiv oder eher ängstlich und voll Sorgen, was auf uns zukommt?

 

Gleich zu Beginn zum Thema Angst:

Angst ist keine Schwäche, sondern eine Schutzfunktion! Diese ist wichtig, um zu überleben. Sie lässt uns nachdenken, was wir tun können, um uns zu schützen oder sinnvoll zu handeln, um anderen zu helfen oder um Schaden zu begrenzen.

Nur wenn Angst zur Panik wird, sind die daraus folgenden Handlungen nicht mehr sinnvoll, evtl. sogar gefährlich. Außerdem stresst Panik den Körper und tut dem Immunsystem nicht gut.

Eine positive Haltung, Zuversicht und Lachen tragen dazu bei, gesund zu bleiben oder schneller gesund zu werden.

Aber wie schaffen wir das, wenn doch immer wieder Angst in uns aufsteigt?

Ein guter Weg ist zwischenmenschliche Nähe und wenn nicht in einem Haushalt möglich, wenigstens der Austausch mit anderen Menschen über Medien. Mit jemandem im Gespräch zu sein und sich auszutauschen, ist sehr wichtig für uns, weil wir von Gott als soziale Wesen geschaffen sind. Es ist essenziel, sich seine Sorgen von der Seele zu reden, anstatt sie in sich hineinzufressen.

Wir leben zum Glück in einer Zeit, die, wie nie zuvor, technische Mittel bereithält, um in dieser Situation miteinander zu kommunizieren. Reine Sprach- und Schreibsysteme sind erweitert auf Kommunikation mit Bild. Man kann andere Menschen virtuell sehen und mit ihnen spielen, egal, ob sie sich auf der andere Seite des Erdballs befinden - oder - drei Straßen weiter wohnen.

 

Die Geschichte von Josef sehr kurz zusammengefasst:

Jakob, Josefs Vater, hatte vier Frauen. Diese vier Frauen schenkten ihm zwölf Söhne. Josef ist der elfte dieser zwölf Söhne. Aber er ist der erste Sohn von Jakobs Lieblingsfrau Rahel, die lange unfruchtbar war. Das und der Umstand, dass Jakob schon sehr alt war, als er ihn zeugte, machten Josef zu Jakobs Lieblingssohn. Zum Zeichen schenkte er Josef einen bunten Rock. Dieser Rock symbolisiert auch, dass Josef später einmal die Führung der Familie übernehmen sollte, wenn Jakob nicht mehr lebte. Das brachte auch mit sich, dass er am meisten erben würde und nicht der erstgeborene Sohn Ruben. Dazu kam, dass Josef zwei Träume hatte, in denen sich alle und alles vor ihm verbeugte. Dies alles schürte Neid in seinen Brüdern und die totale Abneigung gegen ihn, so dass sie Josef bei günstiger Gelegenheit als Sklaven an eine Karawane verkauften, die nach Ägypten unterwegs war. Diese verifizierte Ablehnung und der Abstieg vom Patriarchen in spe zum Sklaven ohne Rechte war die erste große Niederlage im Leben von Josef

(1. Krise).

Die Karawane wiederum verkaufte ihn in Ägypten an Potifar, einen der höchsten Beamten des Pharao. Bei Potifar arbeitete sich Josef aber zum Obersten Verwalter hoch (1. Aufstieg).

Weil er sich aber weigerte, sich der Frau des Potifar hinzugeben, die ihn verführen wollte und diese ihn deshalb fadenscheinig bei Potifar verleumdete, wurde er für mindestens zwei Jahre ins Gefängnis geworfen (2. Krise).

Im Gefängnis arbeitete er sich wiederum zum Obersten Gefängnisaufseher hoch

(2. Aufstieg).

Die Fähigkeit, dass er mit Gottes Hilfe Träume deuten konnte, brachte ihn dann nach Jahren der Gefangenschaft vor den Pharao. Diesem sagte er sieben gute und sieben schlechte Erntejahre voraus. Vom Pharao wurde er daraufhin zum zweitmächtigsten Mann Ägyptens ernannt (weiterer Aufstieg).

Josef organisierte die Bevorratung überschüssiger Ernte für die schlechten Jahre und die Verteilung in den guten Jahren.

Als dann die große Hungersnot ausbrach, die nicht nur Ägypten betraf, kamen Menschen auch aus den umliegenden Ländern, um in Ägypten einzukaufen. Unter diesen Menschen waren auch Josefs Brüder. Das führte dazu, dass am Ende auch sein Vater Jakob mit dem jüngsten Sohn Benjamin nach Ägypten kam und sich alle versöhnten.

Die Familie siedelte sich in Ägypten an, vermehrte sich und wuchs zum Volk Israel heran.

 

Was können wir aus der Josefsgeschichte für unser Leben in der Coronakrise lernen?

 

  1. Josef war mehrfach in einer persönlichen Krise – Wie hat er sich verhalten?

Josef wurde von seinen Brüdern an fremde Menschen in eine sehr ungewisse Zukunft verkauft. Von da an war er nicht mehr Josef, der einmal einen starken Stamm führen würde, sondern ein Sklave ohne jedes Recht, gedemütigt, verstoßen und verkauft von den eigenen Brüdern.
Von Menschen, egal ob von Fremden oder der eigenen Familie, derart konsequent abgelehnt zu werden, ist sehr verletzend und vor allem entmutigend, zumal Josef erst 17 Jahre alt war.

Wenn also jemand einen Grund gehabt hätte, zu sagen; „Das wars jetzt. Alles Mist. Da komm‘ ich nicht mehr raus. Es hat alles keinen Sinn mehr,“ dann Josef. Aber der Fortgang der Geschichte verläuft völlig anders. Josef wird höchster Verwalter am Haus des Potifar.

Sich aber in fremder Kultur und einer Situation der Ohnmacht hochzuarbeiten, kann nur von einer starken inneren Einstellung herrühren. Josef muss seinem Herren positiv aufgefallen sein: evtl. durch Disziplin, Zuverlässigkeit, Engagement und Loyalität. Möglicherweise arbeitete er da weiter, wo andere aufgehört haben, war gehorsam, wo andere aufbegehrt haben, dachte mit und brachte gute Vorschläge ein, wo andere stupid ihre Arbeit gemacht und sich schon aufgegeben haben.

Er setzte die Gaben ein, die Gott ihm gegeben hat – kurz – ER WAR POSITIV!

 

Woher nahm er diese Kraft?

Josef wird eine starke Persönlichkeit gehabt haben. In jedem Fall aber war die Gegenwart Gottes in seinem Leben ein starker Faktor.

Das wissen wir, weil er mehrfach explizit auf Gott hinweist. In allen Träumen, die er verschiedenen Personen deutete, wies er darauf hin, dass diese Auslegung von Gott kommt.

Auch, als ihn die Frau des Potifar verführen wollte, und er nicht nachgab, war sein Glaube die Basis der Entscheidung: „Wie sollte ich denn nun ein solch großes Übel tun und gegen Gott sündigen?“ (1. Mose 39,9)

 

Eine wichtige Erkenntnis: Josef suchte auch in Ägypten die Nähe zu Gott, und zwar in jeder Situation: egal ob als Verwalter oder im Gefängnis. Josef machte nicht den Fehler, die Gegenwart Gottes von seinem persönlichen Befinden oder seinem Ergehen abhängig zu machen. Für ihn IST Gott da – egal, wie es ihm gerade ergeht. Oft wird Josef bei Gott Trost gesucht haben oder auch Worte des Dankes losgeworden sein, wenn er positives erlebt hat und ihm etwas geglückt ist.

Ich glaube, es darf uns in schlechter Zeit auch mal „schlecht gehen“, sonst wäre es ja keine schlechte Zeit. Die Frage ist aber, ob wir uns in schlechter Zeit gleich gottfern fühlen.

 

Wichtig ist: Nach jeder schlechten Zeit kommt auch wieder eine gute Zeit!

Es ist ein gutes Gefühl, wenn man auch in schlechter Zeit nicht an Gott zweifelt, bei ihm Trost findet, um ihn dann, wenn die Zeiten sich geändert haben, von ganzem Herzen zu loben und ihm zu danken.

Manchen Menschen ist es geschenkt, Gott sogar in schlechten Zeiten loben zu können. Für mich ist entscheidend, in KEINER ZEIT den Kontakt zu Gott zu verlieren. Mit welchen Gefühlen und in welcher Haltung wir Gott jeweils begegnen, ist von Mensch zu Mensch sehr unterschiedlich. Hauptsache, wir begegnen ihm!

 

Und – auch wenn wir einmal den Kontakt verlieren und zweifeln – immer und immer wieder neu können wir zu Gott kommen!

 

  1. Die Hungersnot in Ägypten – was hat sie mit Corona zu tun?

Diese Hungersnot war absolut existenziell. Viele von Ihnen können wahrscheinlich sehr genau beschreiben, was es bedeutet, Hunger zu haben. Ich kann es nur vom Verstand her. Es ist die Angst, morgen nicht genug zu essen zu haben, um zu überleben oder nicht krank zu werden.

An der existenziellen Frage, „was morgen passieren wird“ und „wie sehr das eigene Leben und das der Liebsten bedroht“ ist, ist die Hungersnot Ägyptens mit der Coronakrise vergleichbar. Am Ende geht es um die konkrete Angst, sterben zu müssen.

 

Unser ganzes Leben ist an vielen Stellen bedroht: An Grippe, Herzinfarkt, Unfällen jeder Art kann man sterben. Das spielt im Alltag aber nicht die Rolle, weil es bekannte Ursachen sind. Außerdem trifft es eher einzelne und jeder hofft, dass es einen selbst nicht trifft und hoffentlich auch niemand aus seinem nahen Umfeld. Alles andere ist „weit weg“.
Corona ist nicht weit weg und es kann jeden treffen, darauf wird man den ganzen Tag in jedem Medium hingewiesen. Der Virus ist noch nicht erforscht, also unbekannt, und darum kann fast nur spekuliert werden. Das verunsichert uns bis ins Mark. Da kommt schnell Angst auf und wie gesagt, bis zu einem bestimmten Grad ist Angst auch gut. Nur, wenn Angst zur Panik wird und man nachts nicht mehr schlafen kann, ist niemandem gedient.

 

Neben allem, was Gott in uns gelegt hat und was wir auch einsetzen sollen, um die Situation so gut wie möglich zu meistern: gesunder Menschenverstand, Forschung und technische Entwicklung – Am Ende merken wir, dass wir es nicht in der Hand haben, wie alles verlaufen wird. Wenn es also hart auf hart kommt, haben wir keine andere Möglichkeit, als Angst zu haben, in Panik zu verfallen und uns aufzugeben oder uns in Gottes guter Hand zu wissen – in der Hand, die ewig ist!

Hier ist uns Josef ein Beispiel, der seinen Kontakt zu Gott nicht aufgegeben hat, egal, was ihm widerfahren ist. Das ist aber nur möglich, wenn wir die Existenz Gottes nicht von unserem Ergehen abhängig machen. Das hieße nämlich; wenn es uns gut geht, ist Gott da und sogar ein guter Gott und wenn es uns schlecht geht, ist Gott nicht da oder es gibt ihn gar nicht oder aber er ist kein guter Gott mehr.

 

GOTT IST GOTT und er ist für uns unantastbar, was sein Verhalten, seine Eigenart, seine Existenz angeht. Er ist A und O, Anfang und Ende, er ist in Ewigkeit derselbe, er ist auf ewig unveränderlich. Das ist aber genau der Punkt, warum wir uns auf ihn verlassen können. Weil er immer gleich ist und nicht heute entscheidet für uns zu sein und morgen aus irgendwelchen Gründen gegen uns ist und weil er nicht heute stark und morgen schwach ist.

Diese Unveränderlichkeit Gottes ist der Grund, warum wir auf seine Verheißungen zählen können!

 

Deshalb ist es so wertvoll, was uns in der Bibel zugesagt wird:

  • Röm 8,38-39: Denn ich bin gewiss, dass weder Tod noch Leben, weder Engel noch Mächte noch Gewalten, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, weder Hohes noch Tiefes noch eine andere Kreatur uns scheiden kann von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserm Herrn.
  • Ps 23,4-5: Und ob ich schon wanderte im finsteren Tal, fürchte ich kein Unheil, denn du bist bei mir.
  • Ps 46,2: Gott ist unsre Zuversicht und Stärke, eine Hilfe in den großen Nöten, die uns getroffen haben.
  • Jes 41,10-13: Fürchte dich nicht, denn ich bin mit dir! Habe keine Angst, denn ich bin dein Gott!
  • Off 2,10: Fürchte dich nicht vor dem, was du leiden wirst! … Sei getreu bis an den Tod, so will ich dir die Krone des Lebens geben.
  • Oder auch der Vers, durch den ich selbst in einer ähnlichen Krise zum Glauben gekommen bin:
    Joh 16,33: In der Welt habt ihr Angst, aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden.

 

So unantastbar Gott für uns ist, was seine Göttlichkeit angeht, so antastbar ist er für uns, wenn wir uns im Vertrauen an ihn wenden:

  • 1. Petr 5,7: Alle eure Sorge werft auf ihn; denn er sorgt für euch. (Ps 55,23; Mt 6,25; Phil 4,6)
  • Joh 3,1: Seht, welch eine Liebe hat uns der Vater erwiesen, dass wir Gottes Kinder heißen sollen – und wir sind es wirklich!

 

Gott nimmt sich seiner Kinder an. Wenn schon wir irdischen Eltern unsere Kinder nicht im Stich lassen, um wieviel mehr wird Gott für uns da sein, wenn wir Hilfe brauchen – bedingungslos – weil er Gott ist! (Mt 7,11)

Da, wo Glaube heute zur Herausforderung wird, ist der Punkt, dass unsere Bitten nicht alltäglich sind, sondern existenziell. Jetzt ist echter Glaube und richtig Vertrauen gefordert, dass Gott „auch wirklich“ da ist.

Wir dürfen Abba (Papa / Vater / „Väterchen“) zu Gott sagen, und wir sollen zu ihm kommen, wie Kinder zu ihrem Vater. Die Bibel ist voll von Beispielen, wo Menschen sich in großer Not an Gott gewendet haben, um ihm ihr Leid zu klagen und Trost und Hilfe zu suchen – und zu finden! (Mt 7,7)

 

  1. Gott kann aus Bösem Gutes machen!

An seinem Totenbett gibt Josef seinen Brüdern eine wichtige Erkenntnis mit auf den Weg. In 1. Mose 50,20 sagt Josef:

„Ihr gedachtet es, Böse mit mir zu machen, aber Gott gedachte es, gut zu machen, um ein großes Volk am Leben zu erhalten.“

Wenn Josef immer nur seinen Mikrokosmos betrachtet hätte, hätte er guten Grund gehabt, zu zweifeln und aufzugeben. Josef hat aber Gott verbunden in dieser Situation gelebt. Auch er wusste mittendrin nicht, wohin das führen wird.

 

Evtl. hat er die Träume vor Augen gehabt, in denen sich alle vor ihm verbeugt haben. Diese Situation war ja, als er in den Krisen war, noch nicht eingetreten. Vielleicht hat er deswegen weitergemacht, weil er dachte. Da muss doch noch was kommen. Aber selbst diese Haltung setzt tiefen Glauben voraus. Spätestens im Gefängnis, der zweiten Krise, hätte er begründet seinen Glauben über Bord werfen können: „Wenn mir wiederholt sowas Schlimmes passiert, dann ist Gott nicht da, dann KANN Gott nicht da sein“.

Aber wenn Josef diese Träume hatte, an denen er sich festhalten konnte, dann haben wir die Verheißungen Gottes, an denen wir uns festhalten können.

Wir dürfen getrost darauf vertrauen, dass Gott auch in dieser Situation wirkt. Wir dürfen glauben, und ihn darum bitten, dass er durch die Coronakrise etwas BEWIRKT, etwas vom unvorstellbar Schlechten zum Guten für alle verändert.

Nicht falsch verstehen: Ich glaube nicht, dass Gott diesen Virus geschickt hat, um etwas zu bewirken, sondern, dass Gott diese Krise nutzen kann, um Großes zu Vollbringen.

Großes, das wir jetzt noch nicht sehen können – genauso wenig, wie Josef es nicht sehen konnte, als er im Gefängnis saß. Dennoch hat Josef geglaubt.

 

Selig sind, die nicht sehen und doch glauben! (Joh 20,29)

 

Gott hält alles in seiner Hand!

Haben Sie Vertrauen und seien Sie gesegnet durch unseren Dreieinigen Gott.

Amen

Kent Krußig

 

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