Predigt vom 13. August 2023

Sommerpredigtreihe 2023 Johannes, Frauenaurach und Kriegenbrunn, Martin-Luther-Kirche Thema: Die vier Elemente

Heute: Das Wasser – Hesekiel 47,1-2 i.A. – Pfarrerin Dr. Bianca Schnupp

 

Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit uns allen. Amen.

Wir beten in der Stille um den Segen des Wortes. (…) Gott, gib mir ein Wort für mein Herz und ein Herz für dein Wort. Amen.

Liebe Gemeinde!

An welchem Wasser haben Sie als Kind gespielt? Gab es in Ihrer Kindheit oder Jugendzeit ein Wasser, das wichtig war für Sie? Haben Sie an einem Bach, einem Fluss, einem See, ein Meer gespielt?

Fast jeder Mensch kann da etwas erzählen. Diese Frage nach den Wassern der Kindheit ist eine gesprächsöffnende Frage, da entsteht der Austausch fast von selbst -– vielleicht ja auch unter uns nach dem Gottesdienst beim Kirchenkaffee...

Die Wasser der Kindheit – in aller Regel sind sie verbunden mit Lebendigkeit – Bäche, die murmelnd und plätschernd daherhüpfen, Flüsse, die rauschen oder flüstern, je nachdem. Ein See mit dem Platschen und Patschen der Schwimmer. Das Meer ruhig oder brausend oder irgendetwas dazwischen. Wasser und Leben, das gehört zusammen, Erfrischung und Kühlung, Notwendigkeit und Freude – am Wasser sind sie versammelt.

Die Wasser der Kindheit – eine gute Basis, um jetzt in Gedanken an einen ganz besonderen Fluss zu reisen. Wir fliegen in Gedanken – da geht das ganz schnell- wir fliegen nach Jerusalem. Eine Stadt auf dem Berg, trockene, gelbe Hügel ringsum. Eine Stadt mit einem Tempel. Prächtig und schön steht der Tempel auf der Kuppe. Wir kommen näher, stehen vor den Mauern – da unterhalb der einen Mauer, - da fließt es. Ein Wasser, frisch und klar, direkt aus dem Heiligtum. Gar nicht so viel, aber beständig. Nach Osten läuft dieses Bächlein, wir gehen fasziniert an seinem Ufer mit. Wir begleiten diesen wundersamen Tempelfluss auf seinem Weg. Das Bächlein wird dabei zum Bach. Nach 500 Schritten gehen wir ein bisschen hinein, unsere Füße kühlen. Dann laufen wir weiter am Ufer, die Sandalen in der Hand. Der Bach wird zum Fluss. Wieder 500 Schritt, wieder gehen wir hinein, nun ist das Wasser schon kniehoch, wir spüren die Strömung an den Beinen und genießen die Frische. Wieder am Ufer laufen wir weiter, der Fluss wird zum Strom, nach 500 Schritten halten wir inne, probieren es wieder, gehen hinein in das Wasser, wie gut, dass es Sommer ist und unsere leichte Kleidung gerne nass werden kann! Fast bis zum Bauch reicht das Wasser jetzt – Wo kommt nur all das Wasser her – wir haben keinen Zulauf gesehen – was für ein Wunder! Gespannt gehen wir weiter – Der Strom wird gewaltig! und ja, nochmal 500 Schritt und es ist so tief, dass man nun schwimmen müsste! Was für ein Segen für diese wasserarme Gegend – das Tote Meer, das wird nicht mehr tot sein, soviel Wasser, das kann das ganze Salz aufnehmen und was tot war, wird leben. Fische schwimmen, wir ahnen sie schon im Strom.

Ganz und gar erfrischt und zufrieden gehen wir zurück und sehen nun all den Segen des Wassers an: Wie es grün ist am Ufer, dass da Bäume stehen mit wunderbaren Früchten – Pfirsiche und Aprikosen und Mangos und Avocados und...

Was für eine Vision!

Von einem der vier großen Propheten des Alten Testaments haben wir diese Vision. Er heißt „Hesekiel“. Manche sprechen den Namen auch Ezekiel aus. Luther hat mit „Hesekiel“ versucht, das hebräische Wort יְחֶזְקֵאל jəḥæskəʾēl (jechäske´el) möglichst treffend nachzubilden. Ezekiel geht auf die griechische Übersetzung zurück. Wir bleiben heute bei Hesekiel. Wichtig ist die Bedeutung des Namens: חזק (Chasaq)das heißt stark machen/stärken El steht für Gott, also: Gott möge stärken, Gott stärkt. Ein schöner Name für ein Kind – und ein treffender Name für einen Propheten. „Gott stärkt“ – damit kann durchaus das Programm des Propheten umschrieben werden: In all seinen Hinweisen, dass genau das der Fehler des Volkes war, sich eben nicht auf Gott und die Stärke von Gott her zu verlassen. In dem Aushalten von Beschimpfungen, eben weil er auf den einzigen Gott hingewiesen hat. „Gott macht stark“ – das ist auch der zutreffende Name für die – starken- Hoffnungsvisionen, die Hesekiel schauen durfte: Viele von ihnen kennen dieses unglaubliche Bibelkapitel, das oft gemalt wurde und oft vertont: Von den toten Gebeinen, ein ganzes Feld voller Knochen, das sich wieder aufrichtet – die Knochen finden sich zu Skeletten zusammen und werden mit Fleisch überzogen – Deine Toten, Israel, sie werden leben!

Hesekiel – Gott macht stark!- das kann auch die Überschrift sein über die Visionen am Ende des Prophetenbuches, als er den Tempel in voller Größe und Schönheit neu sieht und ganz genau beschreibt. Und dann eben auch den wundersamen Tempelfluss...

Hesekiel, was war Ihr Wasser der Kindheit? Gibt es einen Bach oder einen Fluss an dem Sie gespielt haben?

Ich bin in Jerusalem groß geworden. Das war schon immer eine Wassermangelgegend. Aber wir hatten eine wunderbare Quelle: Die Gihonquelle. Sie floss und wir liebten ihr Wasser – umsomehr, als es nicht das ganze Jahr lang floss – manchmal versiegte es! Aber kluge Leute hatten es gut geleitet in das Innere der Stadt und dort in ein Sammelbecken hinein. Den Teich Siloah. Da durften wir das Wasser bewundern. Auch mal ganz vorsichtig mit der Hand schöpfen und trinken. Aber wir durften nicht hinein und wenn es noch so heiß war – das war kostbarstes Trinkwasser! Ja, das ist mein Wasser der Kindheit – rar und kostbar. Als die Babylonier unsere Stadt belagerten, war das Wasser aus dem Sammelteich Siloah besonders wichtig. Aber dann gab unser König Jojachin auf, kapitulierte, und wir alle, die wichtig waren in Jerusalem, wir alle mussten laufen, laufen, laufen. Sie zwangen uns, bis nach Babylon zu laufen. Hier gibt es wieder Wasser. Viel Wasser. Einen großen, herrlichen Fluss. Aber trotzdem: lieber, viel lieber wären wir zu Hause. Schrecklich war es, als wir nach 10 Jahren in der Fremde hören mussten, dass nun unsere Stadt, unser Jerusalem kaputt ist. Ganz und gar zerstört. Auch das Haus Gottes, unser schöner Tempel, wurde kaputt gemacht. Und wir wohnen nun hier in der Fremde. Ach, wir wissen, warum wir hier sind, weil wir nicht auf Gottes Stärke vertraut haben. Ab jetzt wollen wir das tun. Und wer weiß, vielleicht ändert sich dann ja unser Schicksal? Ich habe da etwas geschaut...

Ich lese jetzt die Vision des Hesekiel, ich lasse dabei die Zusätze weg, die im Lauf der Jahre angefügt wurden und verwende die Übersetzung des großen Alttestamentlers Walter Zimmerli:

Und er (die Gestalt, die Hesekiel den neuen Tempel zeigt) führte mich zur Türöffnung des Tempels zurück und siehe, Wasser kam hervor unterhalb der Schwelle des Tempels ostwärts, denn die Vorderseite des Tempels schaut nach Osten. Und das Wasser floss an der rechten Seite des Tempels südlich vom Altar, heraus. Und er führte mich durch das Nordtor hinaus draußen ringsherum zum Tor, das nach Osten schaut und siehe, das Wasser rieselte auf der südlichen Seite heraus. Da maß er 1000 Ellen und ließ mich durch das Wasser gehen – Wasser bis zu den Knöcheln. Und er maß 1000 und ließ mich durch das Wasser gehen – Wasser bis zu den Knien. Und er maß 1000 und ließ mich hindurchgehen – Wasser bis zu den Lenden. Und er maß 1000 - ein Bach, den ich nicht mehr zu durchschreiten vermochte, denn die Wasser waren tief, Wasser zum Schwimmen, ein Bach, der nicht mehr durchschritten werden kann. Und er sprach zu mir: Hast du gesehen, Menschensohn? Diese Wasser gehen hinaus in den östlichen Bezirk und fließen hinunter in die Steppe und münden ins Meer, in die bittersalzigen Wasser, und die Wasser werden geheilt. Und, wo der Bach hinkommt, wird alles leben. Am Bache aber wachsen, an seinem Ufer hüben und drüben- Fruchtbäume aller Art empor, nicht welken ihre Früchte, denn seine Wasser fließen aus dem Heiligtum heraus und ihre Früchte dienen zur Speise und ihre Blätter zur Arznei.

Danke, Hesekiel, für Ihre Vision, die Sie mit uns geteilt haben!

So, jetzt sind wir unterwegs gewesen an einem wunderbaren Fluss. Dieser wunderbare Fluss erinnert an die Wasser des Paradieses – von denen wir kommen, und auf die wir hinleben. Vom Paradies, da heißt es im allerletzten Bibelkapitel dann: Wen da dürstet, der komme herzu und nehme vom Wasser des Lebens umsonst! Was für eine schöne Hoffnung für die, die uns schon vorangegangen sind: Dass sie im Paradies leben an einem wunderbaren Fluss! was für eine schöne Hoffnung für uns, eines Tages: Dass wir hingehen an einen Ort mit lebendigem Wasser…

Zum lebendigen Wasser kommen wir gleich noch einmal. Jetzt erst kurz zu dem, woran wir leider auch denken heutzutage, wenn wir über Wasser nachdenken:

Sicher haben viele von ihnen auch schon die ganze Zeit an die Flüsse gedacht, deren Wasser immer weniger wird, weil es zu wenig regnet und schneit, an die Flüsse deren Wasser leichtfertig vergiftet wurde, an die Flüsse, die als Müllabfuhr dienen. Sicher stehen einigen von Ihnen die Bilder vor Augen von der Kläranlage in Lettland, deren Mauer eingebrochen ist und die giftiges Wasser in die Ostsee entlassen hat oder die Bilder vom brennenden Autofrachte in der Nordsee. Ich will das hier nicht vertiefen. Wir wissen viel und leiden auch darunter. Manchmal können wir etwas tun. Das sollten wir dann auch! Ich sehe da bei uns vor allem viel Luft beim Reisen. Wenn schon reisen, dann umweltfreundlich. Und unsere Regierung sieht da noch viel Luft beim Heizen. Und, ja, da bin ich dankbar für alle, die das einfach angehen und Öl und Gas sparen oder sich ganz und gar umstellen auf Wärmepumpe und Photovoltaik oder andere neuartige Heizmöglichkeiten. Das, was wir tun können, ja das sollen und wollen wir ja auch tun!

Gleichzeitig gibt es aber auch so einiges, wo wir nicht tun können. Und da will ich die Hoffnung nicht verlieren. Da hilft mir die große Vision des Hesekiel vom Fluss aus dem Heiligtum. Der so wunderbar und von selbst breiter und tiefer wird. Dessen Wasser Leben bringt. Grün und Früchte und Erfrischung.

Nun, ganz am Schluss, noch zum Wasser-Thema im Johannesevangelium: Da legt der Verfasser Jesus das Wort in den Mund: „Wen da dürstet, der komme zu mir und trinke!“ Interessanterweise gibt es im ganzen Johannesevangelium kein „Ich bin Wort“ mit Wasser. Der Evangelist lässt Jesus sagen: „Ich bin das Brot des Lebens“ oder „ich bin der gute Hirte“ oder… Aber eben nicht „Ich bin das Wasser“ sondern eben: Bei mir gibt es das Wasser… Warum das so ist? Das weiß ich nicht mit Sicherheit. Meine Vermutung ist: Das Wasser ist mit der ganzen Gottheit in Verbindung – mit dem Schöpfer und dem Geist. Jesus Christus vermittelt es – aber es geht nicht in ihm auf…

So gehen wir an Christi Seite den Fluss entlang mit dem lebendigen Wasser, werfen einen Blick ins Paradies und kommen gestärkt zurück.

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle unsere Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.


Predigtschluss neu für den 10.08.2023 – Hesekiel 47,1-12 – Pfarrerin Dr. Bianca Schnupp

 

So könnte man noch furchtbar lange weitermachen. Dabei müsste dann aber auch das Hoffnungsvolle genannt werden, die ermutigenden Beispiele, ich habe letzte Woche erst zwei gehört: Von einer Firma, die wirklich Geld verdient mit Wasserentsalzunganlagen für Afrika. Ein StartUp ist es und diese Entsalzungsanlagen heißen „Wasserkiosk“, werden mit Solarstrom betrieben, können das Wasser vor Ort günstig verkaufen, haben Angestellte vor Ort und Ingenieure hier in Deutschland. Oder von Tauchern, die ehrenamtlich Seegras in der Ostsee pflanzen – Seegras bindet sehr, sehr gut CO2.

Wir könnten so bedenken, wo es Alarmierendes gibt und wo Hoffnungsvolles. Wir könnten auch noch bedenken, wo das Wasser zerstörend wird – wir wissen ja von Slowenien – und auch da überlegen, was wir Menschen verschuldet haben und ob wir da einen Weckruf hören könnten und sollten.

Wichtiger ist mir aber etwas anderes:
Ich gehe an dem Fluss entlang, an dem lebendigen Wasser. Und ich erkenne in der Gestalt, die Hesekiel dieses Wasser zeigte – den auferstandenen Christus. Den, der die Wasser mit ins Leben rief. Den, der eines Tages wartet auf mich am Ufer des Paradiesflusses. Der geht mit mir am Wasser entlang, der ist meine Hoffnung, dass Gott uns nicht alleine lässt mit unseren selbstverschuldeten Problemen. Der ermutigt mich, zu tun, was ich tun kann. Der geht mit mir am Hoffnungswasser entlang, wenn ich verzweifelt bin.

Dem vertraue ich mich an.

Amen.

Und der Friede Gottes...

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